Wie lässt sich Saatgut in ausreichender Qualität und Menge bereitstellen? Es stammt aus Saatguterntebeständen oder Samenplantagen. In Österreich beziehen Forstbaumschulen ihr Saatgut meist aus Erntebeständen. Samenplantagen sind Anpflanzungen von Waldbaumarten, die vorrangig Saatgut produzieren. Ihre Bedeutung wächst. Um den Bedarf langfristig zu decken, müssen alte Plantagen erneuert und neue mit verschiedenen Baumarten und Herkünften angelegt werden, um der veränderten Nachfrage gerecht zu werden.
Forstbaumschulen spielen eine zentrale Rolle beim Waldumbau. Der Waldumbau wird forciert, und die Fördersätze für Aufforstungen sind relativ hoch. Dennoch herrscht im Sektor, sowohl in Österreich als auch in ganz Mitteleuropa, Krisenstimmung. Die EU hat die Bedeutung der Forstbaumschulen für den Grünen Deal erkannt. Im Rahmen des EU Horizon Europe Projekts OptFORESTS untersucht man europaweit die Probleme, die Forstbaumschulen belasten, und wie man sie unterstützen kann. Das Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) ist maßgeblich an diesem Projekt beteiligt.
Produktion schlecht planbar
Ein zentrales Problem für die Forstbaumschulen ist die schlechte Planbarkeit der Produktion. Jungpflanzen benötigen oft mehrere Jahre, um verkaufsfähige Größen zu erreichen. Wenn die Jungpflanzen am Ende des Produktionsprozesses nicht verkauft werden können, entsteht ein negativer Deckungsbeitrag. Auch wenn nachgefragte Pflanzen nicht verfügbar sind, führt dies zu Verlusten. Viele Baumschulen planen ihre Produktion basierend auf jahrelangen Erfahrungen mit dem regionalen Markt. Der Klimawandel hat jedoch die Nachfrage stark verändert. Beispielsweise ist die Nachfrage nach Fichten in den letzten zehn Jahren um mehr als 50% gesunken (von 17 Millionen auf 8 Millionen), während die Nachfrage nach Stieleichen um fast 500% gestiegen ist. Förderprogramme für die Kunstverjüngung beeinflussen diese Entwicklung, da sie Baumartenmischungen vorgeben und viele Waldbewirtschafter auf Förderungen angewiesen sind.
Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Baumschulen gehen aber noch weiter: In Österreich erfolgt die Aufforstung traditionell im Frühjahr. Aufgrund des Klimawandels, der zu kurzen milden Wintern und langen Trockenperioden im Frühjahr führt, hat sich das Zeitfenster für die Auspflanzung deutlich verkürzt. Viele Forstbetriebe können in dieser kurzen Zeitspanne die notwendigen Pflanzarbeiten nicht durchführen, insbesondere bei großen Kalamitätsflächen. Dies führt dazu, dass sie bereits bestellte Forstpflanzen nicht abnehmen. Die Baumschulen können die Pflanzen jedoch nicht bis zum Herbst lagern und erleiden Ertragsausfälle, wenn sie keinen kurzfristigen Abnehmer finden. Um solche Ausfälle zu vermeiden, kooperieren viele Baumschulen bereits miteinander.
Zu wenig hochwertiges Saatgut
Ein weiteres Problem ist die Versorgung mit hochwertigem Saatgut der nachgefragten Baumarten und Herkünfte. In den vergangenen Jahrzehnten haben die gesteigerte Nachfrage nach Laubhölzern, deren Saatgut eine geringere Lagerfähigkeit aufweist, sowie die Abnahme der Saatgutqualität, vermutlich verursacht durch Klimaextreme bei der Saatgutreife, zu einem wesentlichen Problem geführt. Der Saatgutmangel wird jedoch nicht nur durch biotische und abiotische Faktoren bestimmt, sondern ist oft auch ein logistisches Problem. Bestandesbeerntungen finden häufig erst auf Initiative von Baumschulen oder Saatguthändlern statt. Ein Zusammenschluss mehrerer Firmen zu einer temporären „Beerntungskooperation“ könnte den Aufwand und die Kosten senken. Diese Maßnahme wird teilweise bereits umgesetzt. Importe aus dem Ausland bieten oft keine Lösung, da auch die Nachbarländer unter den Klimaveränderungen leiden und dort Saatgut ebenfalls knapp ist.
Empfehlungen
Die Entwicklungen führen zu einer starken Konzentration im Sektor: Größere Baumschulen können Einnahmeverluste leichter ausgleichen, während kleinere Mitbewerber wegen der unsicheren Marktlage in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten und oft keinen Nachfolger finden, wenn ein Generationenwechsel ansteht. Deshalb hat die Zahl der Forstbaumschulen in Österreich und vielen Regionen Europas in den letzten Jahrzehnten stark abgenommen. Um die Forstbaumschulen leistungsfähig zu halten, sollten Waldbewirtschafter die Produktionsprozesse in den Baumschulen berücksichtigen. Wichtige Maßnahmen sind:
- langfristige Aufforstungsplanung mit Lieferverträgen,
- ausreichende Arbeitskräfte für die Aufforstung oder Umstellung auf Herbstaufforstung sowie
- Nutzung von Saatgut-Erntemöglichkeiten im eigenen Betrieb
Zudem sollten Forstbaumschulen frühzeitig in Entscheidungen zur Förderpolitik und Strategien zur Klimawandelanpassung im Wald einbezogen werden.
Ein entsprechender Dialog begann 2023 im Waldfonds-Projekt FORSEE: Vertreter der Forstbehörden, der Forstsektion, Forstbaumschulen, Saatguthandel, des Bundesamts für Wald und der Wissenschaft trafen sich, um Mechanismen und Probleme im Forstpflanzenmarkt zu diskutieren und Lösungsansätze zu entwickeln. Dieser Prozess soll durch jährliche Treffen fortgesetzt werden, denn nur durch gegenseitiges Verständnis lassen sich die aktuellen Herausforderungen des Waldumbaus bewältigen.
Webtipp: www.optforests.eu